Warte nicht auf das System!

Warte nicht auf das System!

Text / Eine kritische Stimme | Illustration / D.S.R. Trickster

Als Teil eines „gewissen“ Kreises von sich nach „oben“ (wo auch immer das ist) oder an einen „bestimmten Ort“ kämpfenden, um das Leben ringenden Menschen und kreativen Künstlern, die sich nach Ausdruck und Anerkennung ihrer Werke sehnen und dafür arbeiten, finden diese Worte besonderen Nachhall in mir. Sie ermutigen und treiben uns auf dem eigenen, so schwierigen und ungewissen Weg voran.

Natürlich spricht hier ein, wenn auch unbequemer, untypischer, „Etablierter“ – ein Außenseiter, spezieller, aber dennoch respektierter, berühmter Filmemacher, was der Aussage zum einen noch mehr Gewicht gibt und zum anderen deren Kraft auch nicht im Geringsten vermindert.

Dabei geht es ihm natürlich um das Filme machen selbst, doch kann man diese "Worte" selbst zweifellos auf alle Bereiche der Kunst und darüber hinaus jede Tätigkeit und das Menschsein an sich, beziehen.

Auch wenn dieses selbstbewusste, frei gewählte, nicht wartende Voranschreiten, natürlich keine Garantie für ein Gelingen mit sich bringt, so scheint dies doch um vieles besser als die Alternative auf Entscheidungen der Verlage oder jeweiligen Verantwortlichen zu warten.

Dieser Schritt muss auch nicht der letzte sein, sondern stellt den Anfang dar, der eigenen Schöpfung Leben einzuhauchen.

So heißt es dann in dem Gespräch:

»Warte nicht auf die Akzeptanz des Systems.«

»…Finde Deine eigene Stimme, folge nicht einfach stupide & blind den sogenannten Regeln des Geschichten Erzählens, was Drehbücher, die Drei – Akt Theorie & all diese Dinge betrifft. Finde Deine Stimme, finde Deine eigene Identität, habe keine Angst, sondern tritt einfach ein.«

Wenn man, wie im idealen Fall einfach drauf los schreibt oder sich ausprobiert und dabei eine ureigene Art entdeckt, wie man die Welt, Gedanken und Gefühle verarbeitet, in Sprache oder Bilder umsetzt und dann herausfindet, dass dies anders ist, als die meisten es tun, dann beginnen Zweifel in einem selbst, wie ein dunkler Keim zu wachsen. Hier gilt es, der eigenen Stimme zu vertrauen.

Dies heißt nun wiederum nicht, dass die herkömmlichen Wege immer falsch sein müssen, anders zu sein, nur der Veränderung willen, kann zwar ein künstlerisches Mittel sein, doch sollte es auch einen Sinn verfolgen, muss es aber natürlich nicht, da jeder frei sein Werkzeug und die Art wie man es anwendet auswählen kann. Jene allerdings, die auf natürlichem Wege etwas finden, sollten nicht (ver)zweifeln und sich tatsächlich kontinuierlich daran versuchen, es weiterentwickeln. Auch wenn es anders ist, auch wenn es gegen Konventionen verstößt, auch wenn es auf den ersten und vielleicht auch zweiten Blick ungewöhnlich scheint oder schwer zu verstehen ist. Kunst schafft Räume, der Betrachter „muss“ nur einen Weg finden, sich darauf einzulassen…

»…Warte nicht auf die Akzeptanz des Systems. Du schaffst Dein eigenes System, kreierst Dein eigenes Budget & schöpfst deinen ersten Film oder Deine erste Dokumentation.«

Und so sollte man es in jedem Fall versuchen, sich Wissen und Fähigkeiten anzueignen, seine wahren Lehrer und Meister finden, lernen, ausprobieren, verbessern usw.

Je nach Art der Kunst, sind Projekte eher „leichter“ (wobei keine Schöpfung wirklich leicht ist) oder schwerer zu realisieren und die Mittel dafür gering oder so hoch, dass es komplizierter ist, diese zu sammeln oder eben irgend etwas dazwischen.

Doch das Wunderbare dieser Zeit (bzw. vielleicht jeder), ist, es gibt immer Interessierte, die ebenso empfinden und den Drang nach Verwirklichung und Schöpfung verspüren, jegliches Wissen ist häufig „frei“ verfügbar oder Professionelle bieten ihre Hilfe an und können so dem eigenen Werk einen letzten Schliff zu geben. Nachtrag Im Hinblick auf dieses neue Journal, welches mir lange vorschwebte und dessen Publikation mir wirklich Angst macht, scheint dies ein guter "Einstiegsartikel" zu sein, in dem es zwar eigentlich um die Kunst im größeren und die Filmemacherei im eigentlichen Sinne geht, aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht absolut relevant ist.

Dessen Gedanken und Ideen sich auch in folgenden Zitaten widerspiegeln:

»Frage nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern was Du für Dein Land tun kannst!" -Ein Zitat, welches lange Zeit J. F. Kennedy zugeschrieben wurde, aber womöglich andere Quellen, wie die seines Lehrers, hat, wie auch immer, der Sinn ist vollkommen klar.«

Und diesen Versen aus einem berühmten Lied:

»Wenn Du die Welt besser machen willst, schaue Dich selbst an & kehre um. Schaue auf den Menschen im Spiegel!", singt Michael Jackson so glorreich & wachrüttelnd in „Man in the Mirror“«

Im Leben kommt man an einen Punkt, an dem man nicht mehr warten möchte oder kann, sondern die Stimme erheben muss, auch das steckt in der Aussage „Warte nicht auf das System!“.

Man muss selbst aktiv werden, wenn man etwas ändern möchte! Nicht allein die Wahlen sind entscheidend, wenn sie überhaupt etwas bewirken, sondern auch die Zeit danach. Im Grunde hört es niemals auf.

In Deutschland gibt man den Wahlen besondere Bedeutung bzw. die einzig relevante Bedeutung, weil Volksentscheide quasi unerwünscht sind und damit wenig andere Möglichkeiten bleiben, seine Meinung kundzutun. Doch die vielen Menschen haben den Glauben in die Demokratie, wie wir sie kennen und die Wahlen selbst komplett verloren, ja es scheint eine Entwicklung zu geben, in der ein Teil der Bevölkerung jede Wahl bewusst ablehnt und sagt, dass der Gang zur Wahlurne sogar das System unterstützt.

Es ist wirklich bezeichnend für diese Zeit, dass nun selbst die Wahlen dahingehend gestaltet werden, dass der Staat, die Medien, ja selbst die Landeskirchen (die sich doch unpolitisch & neutral verhalten müssen), es nicht mehr sein lassen können, das Volk auf bestimmte Wahlentscheidungen hin zu drängen, d. h. eine der wenigen noch vorhandenen und freien Methoden in der Demokratie, beeinflussen zu wollen.

Ganze Wählergruppen werden zudem verdammt, diffamiert, schikaniert, in gewisse Ecken gestellt, ja sogar die Menschlichkeit aberkannt, wenn sie sich die „falsche“ Entscheidung treffen. Doch es gibt bei Wahlen keine falschen Entscheidungen! Des Volkes Stimme muss sich kundtun, ohne Einschränkung. Das System muss dies akzeptieren und wenn es das nicht mehr kann, wird es Zeit zu erkennen, dass etwas verkehrt läuft im Staate.

Dem Volk bleiben also nur noch Demonstrationen & ziviler Ungehorsam, also der direkte „Konflikt“ mit der Öffentlichkeit & dem System, um die Stimme zu erheben und zu zeigen was gedacht wird.

An dieser Stelle sollte jedoch nur ergründet werden, welche weitreichende Relevanz diese Aussage für verschiedene Lebensaspekte hat und haben kann und ich glaube, wenn man zwischen den Zeilen lesen kann, gewinnt er eine Daseinsberechtigung auf diesen Seiten, sowohl im Hinblick auf das Kunstschaffen, als auch auf das Leben und die aktuelle Zeit.

Quelle

  • Artikel auf Englisch unter: theverge.com/2016/7/28/12312538/werner-herzog-interview-masterclass-lo-and-behold/

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