Verse zur Trauer

Verse zur Trauer
"Mönch am Meer" ©Caspar David Friedrich

Lyrische Worte & Malereien über den schwersten Abschied im Leben...

Verse / Verschiedene klassische Autoren | Malereien / Caspar David Friedrich

Weine Nicht

Weinet nicht an meinem Grab um mich; Ich bin nicht dort, ich schlafe nicht.

Ich bin der Wind über dem See, Kristallglitzer auf dem Winterschnee.

Ich bin am Tag das Sonnengold, Ich bin der Regen herbstlich hold.

Ich bin das tiefe Himmelsblau, Der schöne, frische Morgentau.

Sucht mich und blickt im Dunkeln in die Ferne – Bei Nacht bin ich das Funkeln der Sterne.

Zündet für mich eintausend Kerzen an, Und vergeßt mich nie – keine Sekunde lang.

Steht nicht am Grab, die Augen rot. Ich bin nicht dort, ich bin nicht tot.

Unbekannt

Ein Leib und eine Seele

Ein Leib und eine Seele, die wir waren, Kann ich von deinem Tode nicht genesen; Wie du zerfällst einsam in deinem Grabe, So fühl ich mich, mein Leben, mit verwesen.

Theodor Storm (1817-1888. dt. Schriftsteller)

Herbst

Die Blätter fallen, Fallen wie von weit, Als welkten in den Himmeln ferne Gärten; Sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt Die schwere Erde aus allen Sternen In die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.

Und sieh dir andre an: Es ist in allen.

Und doch ist Einer, Welcher dieses Fallen unendlich sanft In seinen Händen hält.

Rainer Maria Rilke (1875-1926, österreichischer Lyriker deutscher & französischer Sprache)

Schwerer Abschied

Niemals werd ich das vergessen, Wie dein Arm mich noch umfing, Jedes Wort beim bangen Pressen Dir in Tränen unterging.

Ach, wir lernten erst im Scheiden Unsre Liebe ganz verstehn, Und doch war's uns beiden; Beiden: s'ist auf Nimmerwiedersehn!

Seit der Stunde jener Schmerzen Noch den Druck von deiner Hand Fühl' ich kühl auf meinem Herzen, Wie ich damals ihn empfand.

Und wenn alles schweigt um mich, Mir aufs Bett die Sterne scheinen, Ist mir oft, ich höre dich In der Ferne weinen.

Emanuel Geibel (1815-1884, deutscher Lyriker & Dramatiker)

Ist des Lebensband mit Schmerz gelöset

Ist des Lebens Band mit Schmerz gelöset, Liegt der Körper ohne Blick, ohn Leben, Fremde Liebe weint, und er geneset.

Seine Liebe muss zum Himmel schweben, Von dem trägen Leibe keusch entblößet, Kann zu Gott der Engel sie erheben.

Und er hält sie mit dem Arm umfasset, Schwebet höher, bis das Grab erblasset.

Ist er durchs Vergängliche gedrungen, Kehrt die Seele in die Ewigkeit, Oh, so ist dem Tod genug gelungen, Und er stürzet rückwärts in die Zeit.

Um die Seele bleibet Wonn geschlungen, Alles gibt sich ihr, die alles beut, Wird zum ewgen Geben und Empfangen, Kann des Wechsels Ende nie erlangen!

Clemens Brentano (1778-1842, deutscher Schriftsteller, einer der Hauptvertreter der Heidelberger Romantik)

Lied auf dem Kirchhofe

Sei leiser hier, du meines Kummers Klage, Und seufze nur, was mich zu Gräbern beugt; Verzeiht - verzeiht, ihr Toten, dass ichs wage Zu jammern, wo des Schmerzes Stimme schweigt.

Nichts kann der Gräber stolze Ruhe stören, Der Friede wohnt im stillen Schattenreich; Drum will ich heilig eure Täler ehren, Ach! Er, mein Herzensfreund, wohnt unter euch.  

Mein Freund, der wieder all die süßen Bande, Die längst die Welt von meinem Herzen riss, Sanft knüpft', und mir im finstern Wechsellande Elysiums ewig daurend Glück verhieß.

Die heiße Stirn gelehnt am kalten Steine, Der meiner Trauer stummen Hügel deckt; Rinnt sanft, ihr Tränen! Wie im Frühlingshaine Des Morgens Tau, der junge Rosen weckt.

Sie fließen nicht, dich Freien zu beklagen, Der nicht im Kerker der Verwesung wohnt; Dir jauchz' ich zu, Dem nun nach schwülen Tagen Das kühle Wehn der Dulderpalme lohnt.

Dort seh ich dich den großen Morgen feiern, Der nur an jenem Purpurufer tagt; Wohin keins von des Lebens Ungeheuern Durch Gottes Wachen sich hinüber wagt.

Nur mir, nur mir Gesunknen rinnt die Zähre, Nur mich Verlassne klagt dies Tränenlied; Mir ist die Welt nur eine öde Leere, Wo mir allein kein stiller Hügel blüht.

Er deckt mit dir auch alle bleichen Schrecken, Die Gruft und Tod mir einstens schaudernd gab; So muss die Nacht den jungen Morgen wecken, Du starbst - und Heimat wird mir Tod und Grab.  

Umschlungen unsrer schönsten Hoffnung Büste Späh ich, Ob bald der Kahn herüber schwimmt, Der mich von der Verwesung schwarzen Küste Zu dir - zu dir, mein Freund, hinüber nimmt.

Sophie Albrecht (1756-1840, deutsche Schriftstellerin & Schauspielerin)

Auferstehung

Wenn einer starb, den du geliebt hienieden, So trag hinaus zur Einsamkeit dein Wehe, Dass ernst und still es sich mit dir ergehe Im Wald, am Meer, auf Steigen längst gemieden.

Da fühlst du bald, dass jener, der geschieden, Lebendig dir im Herzen auferstehe; In Luft und Schatten spürst du seine Nähe, Und aus den Tränen blüht ein tiefer Frieden.

Ja, schöner muss der Tote dich begleiten, Ums Haupt der Schmerzverklärung Lichten Schein, Und treuer - denn du hast ihn alle Zeiten.

Das Herz auch hat sein Ostern, wo der Stein Vom Grabe springt, dem wir den Staub nur weihten; Und was du ewig liebst, ist ewig dein.

Emanuel Geibel

In der Fremde

Ich hör’ die Bächlein rauschen Im Walde her und hin, Im Walde in dem Rauschen Ich weiß nicht, wo ich bin.

Die Nachtigallen schlagen Hier in der Einsamkeit, Als wollten sie was sagen Von der alten, schönen Zeit.

Die Mondesschimmer fliegen, Als seh’ ich unter mir Das Schloss im Tale liegen, Und ist doch so weit von hier!

Als müsste in dem Garten, Voll Rosen weiß und rot, Meine Liebste auf mich warten, Und ist doch lange tot.

Joseph von Eichendorff (1788-1857, Lyriker & Schriftsteller der deutschen Romantik)

Nebel am Wattenmeer

Nebel, stiller Nebel über Meer und Land. Totenstill die Watten, totenstill der Strand. Trauer, leise Trauer deckt die Erde zu. Seele, Liebe Seele, schweig und träum auch du.

Christian Morgenstern (1871-1914, deutscher Dichter & Schriftsteller)

Die Entschlafenen

Einen vergänglichen Tag lebt ich Und wuchs mit den Meinen, Eins ums andere schon schläft mir Und fliehet dahin.

Doch ihr Schlafenden wacht am Herzen mir, In verwandter Seele ruhet von euch mir Das entfliehende Bild.

Und lebendiger lebt ihr dort, Wo des göttlichen Geistes Freude Die Alternden all, alle die Toten verjüngt.

Friedrich Hölderlin (1770-1843, bedeutender deutscher Lyriker)

Was dann?

Wo wird es bleiben, Was mit dem letzten Hauch entweicht? Wie Winde werden wir treiben - Vielleicht!?

Werden wir reinigend wehen? Und kennen jedes Menschen Gesicht. Und jeder darf durch uns gehen, Erkennt aber uns nicht.

Wir werden drohen und mahnen Als Sturm, Und lenken die Wetterfahnen Auf jedem Turm.

Ach, sehen wir die dann wieder, Die vor uns gestorben sind? Wir, dann ungreifbarer Wind?

Richten wir auf und nieder Die andern, die nach uns leben? Wie weit wohl Gottes Gnade reicht. Uns alles zu vergeben? Vielleicht? - Vielleicht!

Joachim Ringelnatz (1883 - 1934, deutscher Schriftsteller, Kabarettist & Maler)

Die Tiefe der Seele

Nur in der Tiefe der Seele, Mithilfe jener Kraft, Die stärker ist Als alle Vernünftigkeit, Kann Trost und Ruhe Gefunden werden.

Wilhelm Busch (1882-1908, humoristischer deutscher Dichter, Zeichner & Maler)

Und meine Seele

Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande Als flöge sie nach Haus …

Joseph von Eichendorff*

Du bist

Du bist nicht tot, Du wechselst nur die Räume. Du lebst in uns und gehst Durch unsere Träume.

Michelangelo (1475-1565, italienischer Maler, Bildhauer, Baumeister & Dichter)

Das Erwachen

Die Menschen sterben nicht, Sondern sie erwachen Aus einem Traum, Den sie gelebt haben …

Und sie werden wieder Geister oder Götter …

Manche werden In die Sonne verwandelt, Andere in den Mond.

Volksweisheit / Volksgut

Ein Traum ist unser Leben

Ein Traum, ein Traum Ist unser Leben auf Erden hier. Wie Schatten auf den Wogen Schweben und schwinden wir.

Und messen Unsere trägen Schritte Nach Raum und Zeit; Und sind (wir wissen´s nicht) In Mitte der Ewigkeit.

Johann Gottfried von Herder, Leben als Ewigkeit 1188 (1744-1803, einer der einflussreichsten Schriftsteller & Denker deutscher Sprache im Zeitalter der Aufklärung)

Letzte Worte

Geliebte, wenn mein Geist geschieden, So weint mir keine Träne nach; Denn, wo ich weile, dort ist Frieden, Dort leuchtet mir ein ew’ger Tag! Wo aller Erdengram verschwunden, Soll euer Bild mir nicht vergehn, Und Linderung für eure Wunden, Für euern Schmerz will ich erflehn.

Weht nächtlich seine Seraphsflügel Der Friede übers Weltenreich, So denkt nicht mehr an meinen Hügel, Denn von den Sternen grüß’ ich euch!

Annette von Droste zu Hülshoff (1797-1848, bedeutende deutsche Schriftstellerin & Komponistin)

Nebenan

Ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen. Ich bin ich, ihr seid ihr.

Das, was ich für dich war, bin ich immer noch. Gib mir den Namen, Den du mir immer gegeben hast. Sprich mit mir, wie du es immer getan hast.

Gebrauche nicht eine andere Lebensweise. Sei nicht feierlich oder traurig.

Lache weiterhin über das, Worüber wir gemeinsam gelacht haben.

Ich bin nicht weit weg, Ich bin nur auf der anderen Seite des Weges.

Fritz Reuter (1810-1874, deutscher Dichter & Schriftsteller der niederdeutschen Sprache)

Das Tor

Mit hartem Dröhnen ist das Schwere Tor der Erde Hinter dir ins Schloss gefallen. Ich lege lauschend an den Spalt mein Ohr und höre Drüben deine Schritte hallen. Der Klang stiehlt mir das Herz So hart es litt und schlägt Den Lärm des Tages nieder. Du drüben und ich hier, Wir halten Schritt und treffen uns Am gleichen Ziele wieder.

Unbekannt

Abtei im Eichwald ©Caspar David Friedrich, 1809-1810
Abtei im Eichwald ©Caspar David Friedrich, 1809-1810

Caspar David Friedrich

Über die Trauerverse begleitenden Malereien...

Caspar David Friedrich ( 5. September 1774 in Greifswald, Schwedisch-Pommern; † 7. Mai 1840 in Dresden, Königreich Sachsen) war ein deutscher Maler, Grafiker und Zeichner. Er gilt heute als einer der bedeutendsten Künstler der deutschen Frühromantik. Mit seinen auf die Wirkungsästhetik ausgerichteten, konstruierten Bilderfindungen, die den geläufigen Vorstellungen einer romantischen Malerei als gefühlige Ausdruckskunst widersprechen, leistete er einen originären Beitrag zur modernen Kunst. In den Hauptwerken Friedrichs wird in revolutionärer Weise der Bruch mit den Traditionen der Landschaftsmalerei von Barock und Klassizismus vollzogen. Der Themen- und Motivkanon dieser Bilder vereinigt Landschaft und Religion vorzugsweise zu Allegorien von Einsamkeit, Tod, Jenseitsvorstellungen und Erlösungshoffnungen. Friedrichs von Melancholie geprägtes Welt- und Selbstverständnis wird als exemplarisch für das Künstlerbild in der Epoche der Romantik gesehen. Der Maler macht mit seinen Werken bei weitgehend unbekannten Bildkontexten sinnoffene Angebote, die den Betrachter mit seiner angesprochenen Gefühlswelt in den Deutungsprozess einbeziehen. Die Sinnoffenheit der Bilder führte seit der Wiederentdeckung Friedrichs zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer Vielzahl oft grundsätzlich verschiedener Interpretationen sowie zur Theoriebildung aus kunstwissenschaftlicher, philosophischer, literaturwissenschaftlicher, psychologischer oder theologischer Sicht. WIKIPEDIA

Malereien in Reihenfolge

(Quelle: artsandculture.google.com/): 1 / Mönch am Meer, 1808-1810. 2 / Der Frühling-Der Morgen-Die Kindheit, 1803. 3 / Der Sommer (nicht Teil des eigentlichen Zyklus, Original aus dem Zyklus ist verschollen. 4 / Der Herbst-Der Abend-Die Reife, 1803. 5 / Der Winter-Die Nacht-Alter und Tod, 1803. 6 / Abtei im Eichwald, 1809-1810.

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