Über Kunst und ihre Nähe zum Wohlstand

Besuch einer Ausstellung über Transzendenz im letzten Augenblick…

Obwohl ich von der Ausstellung "Infinite Renew (Unendliche Erneuerung)" von Mari Mori, einer international anerkannten Künstlerin und aus einer berühmten japanischen Familie, schon vor einer Weile gehört hatte, war mir der Besuch dieser wunderbaren Vernissage über Transzendenz erst am letzten Tag möglich.

Vom Bahnhof Omotesando an, lief ich direkt an dem Gebäude vorbei, weil ich der empfohlenen Route gleich zweier Karten Apps folgte, die mich eine Weile durch das elegante Stadtviertel führten, bevor ich dann an den Ausgangsort zurückkehrte.

Obwohl ich wusste, wo die Ausstellung stattfand, über dem Laden einer berühmten Luxus-Modemarke in einem der oberen Stockwerke, der die Espace - Kunstausstellung in einer der höheren Etagen beherbergte, war genau dies der Grund, der mich nach einem anderen Ort suchen ließ.

Ich musste über die Verbindung von Kunst und Kommerz nachdenken.

Doch die Ausstellung war wunderschön und ließ mich diese Gedanken alsbald vergessen:

Unendliche Spiralen aus einem Fasermaterial erhoben sich bis hoch zur Decke und darüber hinaus, änderten dabei ihre Farbe beim Vorbeigehen und riefen ein kindliches Gefühl der Freude hervor.

Futuristisch, gleichmäßig in Unendlichkeit geformte Skulpturen aus einem glattem Material, welches zum Berühren einluden, was ich auch tat, nur um Sicherheitsleute zu alarmieren.

Ich hätte wohl vorher die Beschriftungen lesen sollen!

Nachdem ich fast eine Stunde damit verbracht hatte, jede Skulptur ein Dutzend Mal anzusehen und den sich verändernden Farbspiralen zu folgen, erwachte in mir tatsächlich ein Gefühl der Transzendenz.

Eine stille Empfindung der Ewigkeit, wie in der Intention der Künstlerin.

Mich mit einem Gefühl der Glückseligkeit und Stille auf dem Heimweg zurücklassend und diesen Tag in etwas lohnenswertes verwandelnd, trotz all der Dinge die ansonsten geschehen sind.

Und als ich vom Ausstellungsort durch das Geschäft mit seinen im Vergleich zur Kunst eher profanen Luxusartikeln lief, begann ich erneut über den Ort, die Unterstützung der Kunst durch wohlhabende, elitäre Mäzene, Ruhe und Transzendenz nachzudenken.

Kunst wurde immer schon von Macht und Kommerz unterstützt.

Die größten Kunstwerke in Europa:

Malerei, Bildhauerei, Architektur, Musik und Theater, unter anderen, undenkbar ohne die wohlhabenden Mäzene aus Obrigkeit, Adel, Wirtschaft und Kirche.

Ich erinnere mich in diesem Sinne an die Empfindungen einer Bekannten, nachdem wir in einem Sommer eine eindrucksvolle alte Kirche in Berlin besucht hatten.

Während ich von der Schönheit und Kunst der Kirche tief bewegt war und ihr von meinem inneren, friedlichen Zustand erzählte, fühlte sie sich vom Prunk überwältigt, sich an die armen Seelen erinnernd, die während der Jahrzehnte der Arbeit an allem gelitten haben mussten.

Als wir uns später rastlos durch eine unfreundliche als „roh“ empfundene, Stadt getrieben fühlten, verstand sie meine Gedanken dann doch noch, und heute tue ich das mit ihren ebenfalls - auch wenn die Umstände einer jahrhundertealten Kirche in Berlin und der Ausstellung über einem berühmten Bekleidung- und Handtaschengeschäft ein wenig anders sind.

Trotz all der Realitäten um die Schaffung oder vielmehr Präsentation von Kunst, das was durch sie in uns lebendig wird, hat eine vollkommen andere Dimension.

Häufig ist es leider auch so, dass der normale Mensch im Alltag überhaupt nicht die Kraft, Zeit und Muße besitzt, geschweige denn in der Lage ist, die Tiefe, Weitsicht und Sensibilität aufzubringen, die Notwendigkeit solcherlei Werke zu begreifen.

Natürlich heiligt der Zweck dennoch niemals die Mittel!

Und doch denke ich, dass die Arbeiter an den sakralen und weltlichen Bauten, wobei in früheren Epochen wahrscheinlich alles für die Glorifizierung des Allmächtigen geschah, dies auch mit Stolz, Ehrgefühl und dem Bewusstsein ein Teil von etwas Größerem zu sein.

Wir wissen aber auch, dass die Beschaffung der oft astronomischen Kosten, häufig mit unlauteren Mitteln verbunden war und betrieben wurde.

Gerade in Bezug auf die Wahrheit des Glaubens aber, sucht sich die Quintessenz stets einen Weg, um hervorzuscheinen, wie z.B. in der Reformation und Kirchenspaltung deutlich erkennbar, da die Katholische Kirche von einem ehrbaren Pfad abgekommen war und kirchliche Gelehrte wie u.a. Luther, Melanchthon und Calvin zurück zum Kern des Christentums finden wollten und dies auch taten.

Dies machte nicht einfach Halt an materiellen Dingen, sondern spiegelte sich in der Schlichtheit der neuen evangelischen Kirchen und einer völlig anderen Herangehensweise wider. Der Protest war kein Selbstzweck, sondern basierte auf dem tief existierenden und wahrhaftigen Wunsch der Reformierung.

Die Vergangenheit ist nicht veränderbar! Wichtiger ist wie in der Gegenwart gelebt wird, was die Erkenntnis über die eigene Schuld miteinschließt, bis hin zur Umkehr.

Gleichzeitig darf man deshalb eben die Vergangenheit nicht mit den Augen, dem Verständnis, den Vorstellungen und dem Wissen der heutigen Zeit betrachten und begreifen:

Die Menschen der heutigen Zeit mögen in alten Werken der Kunst, Architektur, Musik usw. etwas Gewisses sehen, doch die Altvorderen mögen etwas vollkommen anderes empfunden, getan und verstanden haben.

Zumal gewisse Leute im Westen auf die eigene Geschichte schauen, weil es ein ideologischer Blick ist, der darauf abzielt das Alte zu zerstören.

Was ist mit den Pyramiden und Monolithen in Ägypten, Mittel- und Südamerika?! Wenn ein Kirchenbau auf Menschenleid gebaut sein soll, wie viel mehr Kummer mögen diese riesigen architektonischen Leistungen hervorgerufen haben?

Es ist müßig! Die Vergangenheit ist nicht mehr veränderbar, nur die Gegenwart allein.

Über die einer Sklavenarbeit in Afrika oder Arabien gleichkommenden Konstruktions- und Rohstoffbeschaffungsarbeiten wird lautstark geschwiegen.

Maulfeiler, scheinheiliger, leerer und Lippen bekennender Gratismut über die Probleme in der Gegenwart bei ständiger Verdammung der eigenen Vergangenheit.

Die tatsächlichen Sklavenhalter von damals sind dieselben wie heute, während der Westen diese abgeschafft hat, fortschreitet und sich wandelt.

Diese Gedanken lassen mich jedoch ein wenig zu weit vom Kernpunkt dieser Gedanken abschweifen.

Kunst braucht Mittel! Je nach Kunstform sind diese Notwendigkeiten bescheiden, enorm oder ausufernd, wobei es natürlich von Bedeutung ist, wie sie angesammelt wurden.

Obgleich es die Künstler, Musiker, Dichter, Maler, Bildhauer und Architekten sind, alle Werke tragen auch das Bewusstsein der einfachen Menschen in sich.

Gerade monumentale Bauwerke sind unser aller kollektives Bewusstsein, bei dem jeder nach den eigenen Fähigkeiten und Mitteln beisteuert, was man als Mensch zu geben vermag. Der Künstler hat eben die Begabung, die Fähigkeiten und das Bewusstsein für die Schöpfung auf mannigfaltige Weise. Doch ohne einen starken Willen, Gönner und ein Publikum bleibt dem jeweiligen Kunstwerk etwas verwehrt, ja seine Existenz ist womöglich fraglich.

Wobei ich persönlich fest an die Schaffung von Kunst ohne äußeres Einwirken, allein im Zwiegespräch zwischen Schöpfer, Schöpfung und Mensch, glaube.

Deshalb ist all die Kunst unsere Kultur und auch unser Werk! Zudem lebt Kunst eben durch ihre Betrachtung, der Beschäftigung und Auseinandersetzung mit ihr.

In einem Programmheft einer Ballettaufführung las ich einmal, dass sich das Publikum im Geiste mit den Tänzern bewegt, also mittanzt. Das geschieht in der Musik, wo wir mitsingen oder klingen und in der Betrachtung von Kunst, Skulpturen und Architektur ebenso.

Und so liegt in der Ausstellung "Infinite Renew (Unendliche Erneuerung)", ihrem Veranstaltungsort und Thema vielleicht doch die Intention der Künstlerin, die im Zusammenspiel tiefe Frage über die Existenz, den Kosmos und die im Gegenzug so profan erscheinenden Gedanken über Kunst, ihre Entstehung und die Mittel zu ihrer Realisierung.

Am Ende geht es auch um Energie, die auf die eine oder andere Weise hervorgerufen, möglich gemacht und umgewandelt wird und die Koexistenz all dieser Aspekte.

Wie zuvor beschrieben, laden die glatten Materialien und endlosen Formen der Skulpturen und Installationen zum Berühren, innehalten und nachdenken über die darüber hinaus verknüpften Ideen ein. Manchmal eröffnet der Kunstraum, sein Standort und seine Verbindung zur Außenwelt weitere Dimensionen, ob nun bewusst oder zufällig.

Die Unendlichkeit wird in vielerlei Form lebendig.

Und entfacht den Geist selbst nach über 10 Jahren zwischen der Betrachtung der Kunst und dem Vollenden dieser Worte. In jeglicher Kunst leben sowohl der Künstler, der Betrachter und ihr Zusammenspiel im geistigen Raum, der zwischen beiden entsteht. "Infinite Renew (Unendliche Erneuerung)" zeigte dies auf moderne Weise, doch nicht minder beeindruckend.

R. Rehahn, im Januar 2014 & Ende Oktober 2024...



Infinite Renew (Unendliche Erneuerung) – Informationen zur Ausstellung

Quelle: https://www.espacelouisvuittontokyo.com/en/past/infinite/detail

Espace Louis Vuitton Tokyo freut sich, die in New York lebende und international renommierte japanische Künstlerin Mariko Mori für eine Carte-Blanche-Ausstellung begrüßen zu dürfen.

Kuratorin der 8. Ausstellung im Espace Louis Vuitton Tokyo mit dem Titel "Infinite Renew", Mariko Mori, definiert und belebt den hohen und verglasten Raum der Galerie mit 8 Kunstwerken neu, von denen 7 speziell für die Ausstellung geschaffen wurden und 3 von Espace Louis Vuitton Tokyo unterstützt werden.

Um das Triptychon Infinite Energy herum – eine Serie von 3 High-Tech-Spiralen, die die Besucher vom Boden bis zur Decke und darüber hinaus durch eine Kamera / LED-Echtzeitüberwachung verbinden – zeigt Mariko Mori 3 Skulpturen aus ihrer neuesten Forschung: Renew I, Renew II und Butterfly.

Die Skulpturenserie von Renew folgt der Möbius-Form und reflektiert den gemeinsamen Glauben an die Existenz, von den Urteilchen bis zum Multiversum, dem unendlichen Kreislauf von Leben und Tod. Da jede Existenz ihr Leben erneuert, gibt es keinen Anfang oder Ende. Jedes Atom auf der Erde wird im Universum produziert, und unser Körper besteht aus diesen Atomen. Das Universum ist die Mutter aller Lebensformen. Wenn man bedenkt, dass 96% unseres Universums aus unsichtbarer Energie besteht, könnten auch unsere Wesen aus dieser gleichen unsichtbaren Energie bestehen.

Die Skulptur Birds II und der animierte Film Ālaya, die auf dem LED-Bildschirm (auf Erdgeschossebene des Veranstaltungsortes) gezeigt werden, verknüpfen sich mit den persönlichen Erfahrungen des Künstlers, während sie, wie die anderen hier ausgestellten Werke, etwas als unsichtbar geltendes ausdrücken.

Die Ausstellung Infinite Renew lädt die Besucher wirklich dazu ein, eine endlose Erneuerung unsichtbarer Energie zu erleben, erinnert uns aber auch an "unser gemeinsamer Glaube an die endlose Erneuerung ihrer Energie".

Das Espace Louis Vuitton Tokyo möchte Mariko Mori für das Teilen von Wahrnehmungen danken, die uns dazu bringen könnten, den wahren Sinn unserer Existenz zu verstehen, sowie ihrem Studio in New York City, der Galerie SCAI THE BATHHOUSE (Tokio), Sean Kelly (New York) und der Galerie Forsblom (Helsinki) für ihre unerschütterliche Unterstützung während der Vorbereitung der Ausstellung.

Mariko Mori

Mariko Mori ist eine international anerkannte Künstlerin, deren Werke von Museen und privaten Sammlern auf der ganzen Welt erworben wurden. Mori erlangte Anerkennung für ihre interaktive Installation WAVE UFO, die 2005 auf der Biennale in Venedig gezeigt wurde. Sie wurde auch in der Ausstellung Oneness gezeigt, einer Übersicht über Moris Werk, die im Groninger Museum (Niederlande) eröffnet wurde und dann im Aros Aarhus Kunstmuseum (Dänemark), im Pinchuk Art Centre (Ukraine) und im Centro Cultural Banco do Brasil (Brasília, Rio de Janeiro und São Paulo, Brasilien) zu sehen war. Moris monumentale Installationen wurden auf der ganzen Welt ausgestellt, darunter in der Royal Academy of Arts (London), im Centre Georges Pompidou (Paris), in der Prada Foundation (Mailand), im Brooklyn Museum of Art (New York), im Museum of Contemporary Art (Chicago), in der Serpentine Gallery (London) und im Los Angeles County Museum of Art. Ihre Werke befinden sich in den Sammlungen des Guggenheim Museum (New York), des Centre Georges Pompidou (Paris), der Prada Foundation, des Museum of Contemporary Art (Chicago), des Israel Museum (Jerusalem), des Los Angeles County Museum of Art, des Pinchuk Arts Centre und des Museum of Modern Art (New York). Mori hat verschiedene Auszeichnungen erhalten, darunter die prestigeträchtige Menzioni d’Onore bei der 47. Biennale in Venedig im Jahr 1997 und den 8. Annual Award als vielversprechende Künstlerin und Gelehrte im Bereich der zeitgenössischen japanischen Kunst im Jahr 2001 von der Japan Cultural Arts Foundation.

Unendliche Energie I, II, III, 2013

  • Fiberglas, Spiegel, LED, Echtzeitsteuerungssystem
  • 1900mmØ x 7800mm

Arbeit mit der Unterstützung von Espace Louis Vuitton Tokyo

©Louis Vuitton / Jérémie Souteyrat

Schwere Atome auf der Erde werden im Universum produziert und unser Körper besteht aus diesen Atomen. Das Universum ist die Mutter aller Lebensformen. Angesichts der Tatsache, dass 96 % unseres Universums unsichtbare Energie ist, sind auch unsere Wesen höchstwahrscheinlich aus dieser unsichtbaren Energie zusammengesetzt. Der Energiefluss des Lebens, der von dem Konzept von Zeit und Raum befreit ist, wird durch Infinite Energy dargestellt. Es ist eine endlose Erneuerung unsichtbarer Energie, eine regenerierende Kraft für das Leben.

Erneuern I, 2013

  • Glasfaser
  • 868mm x 1181mm x 1890mm

Mit freundlicher Genehmigung von Galerie Forsblom, Helsinki;

Sean Kelly, New York;

SCAI THE BATHHOUSE, Tokio

©Louis Vuitton / Jérémie Souteyrat

Erneuern II, 2013

  • Fiberglas
  • 1195mm x 1935 x 567mm

Mit freundlicher Genehmigung von Galerie Forsblom, Helsinki;

Sean Kelly, New York;

SCAI THE BATHHOUSE, Tokyo

©Louis Vuitton / Jérémie Souteyrat

Die Skulpturenserie Renew folgt der Möbius-Form. Sie reflektiert den gemeinsamen Glauben aller, von den Urteilchen bis zum Multi-Universum. Das Zyklenmodell ist der nie endende Kreislauf von Leben und Tod. Jede Existenz erneuert ihr Leben. Es gibt weder Anfang noch Ende.

Vögel II, 2012

  • Lucite
  • 460mm x 915mm x 340mm

Mit freundlicher Genehmigung von Sean Kelly, New York;

SCAI THE BATHHOUSE, Tokio

©Louis Vuitton / Jérémie Souteyrat

Liebesvögel, ein Paar erfüllter Seelen, ein Lied des Friedens, ein Geschenk der Liebe...

Allesamt, 2013

  • Animation, 3'40"

Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers

©Louis Vuitton / Jérémie Souteyrat

Schmetterling 2013

  • Polyurethan
  • 1000mm x 633mm x 400mm

Mit freundlicher Genehmigung von Sean Kelly, New York;

SCAI THE BATHHOUSE, Tokyo

©Louis Vuitton / Jérémie Souteyrat

Die Möbius-Form symbolisiert den Lebenszyklus. Leben und Tod wiederholen sich und setzen sich fort wie die unendliche Schleife des Möbius-Bands. Diese Skulptur ist eine Maquette des Bühnenbilds für die Oper Madama Butterfly am Teatro La Fenice als Sonderprojekt der Biennale di Venezia. In Verzweiflung über unerwiderte Liebe beschließt Madame Butterfly, sich das Leben zu nehmen. Diese Skulptur spielt jedoch nicht auf ihren physischen Tod an, sondern auf das Schicksal ihres Geistes, der wieder zum Leben erwachen wird.